„Show, don’t tell“ – Isabell Schmitt-Egner lässt das Kopfkino starten

„Show, don’t tell“, diese Aufforderung ist aus keinem aktuellen Schreibratgeber wegzudenken. Aber was bedeutet „Zeige, erzähle nicht“ überhaupt? Was macht dieses Konzept aus einem Text und wie kann es gut umgesetzt werden? Lektorin und Autorin Isabell Schmitt-Egner spricht am Freitag, 16. März 2018 im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Handwerk Selfpublishing“ auf der Leipziger Buchmesse mit Hans Peter Roentgen über „Show, don’t tell“. Vorab ist sie zu Gast im Lektorenblog.

"Show, don't tell", darüber spricht Isabell Schmitt-Egner auf der Leipziger Buchmesse

Isabell Schmitt-Egner, Fachfrau fürs Kopfkino, Foto: M. Gautsch

Isabell Schmitt-Egner schreibt und veröffentlicht Romane verschiedener Genres, bevorzugt im Selfpublishing. Sie arbeitet als Lektorin für Verlage und Selfpublisher und veröffentlicht ihre Schreibtipps im Carlsen Impress Magazin und auf ihrem Youtubekanal.

Was überhaupt ist „Show, don’t tell“, was steckt dahinter?  

Kurz gesagt ist „tell“ eine Behauptung, die der Autor aufstellt. Diese soll der Leser glauben, aber was ist, wenn er es nicht tut? „Show“ ist der Beweis, der sofort überzeugt. Beweisen glaubt man, Behauptungen können infrage gestellt werden und sind damit schwächer.

Warum ist „Show, don’t tell“ wichtig für einen Text?

Ein Text voller Behauptungen fühlt sich am Ende an wie eine schlechte Ausrede. Wir kennen das: Wenn jemand lügt, liefert er zahlreiche Erklärungen. Wer die Wahrheit sagt, braucht dafür oft nur einen Satz.

Der Leser kann sich bei der Tell-Variante bevormundet fühlen, da man ihm „vorschreibt“, wie er den Text zu finden hat. Man nimmt ihm die Möglichkeit, sich selbst ein Urteil zu bilden.

Wie kann eine Autorin bzw. ein Autor „Show, don’t tell“ gut umsetzen?

Ich empfehle, sich das Buch als Film vorzustellen. Der Film ist ein Zeigemedium, er beweist ständig, was im Roman schnell mal behauptet wird. Autoren können sich fragen: Was tut mein Protagonist gerade? Handelt er, sehe ich ihn laufen? Oder steht er am Fenster rum und wartet, bis ich meine Erklärungen und Behauptungen alle vorgebracht habe? Welches Bild sieht der Filmschauer gerade in meiner Geschichte? Das sollte man dann im Text auch sagen. Das Bild weitergeben, nicht dem Leser erklären, welches Bild er jetzt mal vor Augen haben soll.

Erwischt man sich bei Behauptungen im eigenen Text, kann man diese Info beiseitelegen und schauen, an welche Stelle man sie als Handlung doch noch einbringen kann. Das geht fast immer.

Gibt es Texte, in denen „Show, don’t tell“ nicht sinnvoll ist?

Ich würde das immer im Einzelfall entscheiden, aber es gibt Stellen in Texten, da kann es für den Leser mühsam sein, alles gezeigt zu bekommen, zum Beispiel, wenn diese Sache hier einfach nicht wichtig ist. Wenn eine Figur eine Rede hält, kann es auch mal nur „tell“ sein, weil etwas referiert wird, zusammengefasst anderen Figuren mitgeteilt wird. Da wäre es unglaubwürdig, wenn er der Sprecher nicht redet, wie es viele Redner eben in Wirklichkeit tun.

Interview: Katja Rosenbohm

Großes Bild: (c) Pixabay


Freitag, 16.3.2018, 16:00 Uhr, Leseinsel Halle 5, Stand D 302
Handwerk Selfpublishing 02: Show, don’t tell – das Kino im Kopf
Gespräch mit Hans Peter Roentgen und Isabell Schmitt-Egner

Die Veranstaltungsreihe zum Thema „Handwerk Selfpublishing“ findet jeden Tag von 16:00 bis 16:30 Uhr in der Leseinsel Halle 5, Stand D 302 statt.

Weitere Infos zu den Veranstaltungen des VFLL auf der Leipziger Buchmesse 2018

Weitere Interviews der Reihe Handwerk Selfpublishing:
Lektorat für Selfpublisher: „Konstruktiver Dialog“
Der Pitch für den Roman: Andrea Weil weiß, wie’s geht
Klappentext: Nicht spoilern!

Ein Gedanke zu „„Show, don’t tell“ – Isabell Schmitt-Egner lässt das Kopfkino starten

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